Haushaltsrede von Matthias Schäfer, Gemeinderat am 20.12.2016

22. Dezember 2016

Guten Abend meine Damen und Herren,

Man fragt sich natürlich, wie man die Zuhörer nach all den Reden noch erreichen kann.

Um ihre Aufmerksamkeit zu erhalten, haben wir uns daher überlegt, unsere heutige Rede anlässlich des kommenden Lutherjahres 2017 in Thesen darzustellen.

Die Kenner erschrecken jetzt, weil sie 95 Thesen befürchten. Aber keine Sorge, wir haben uns für 9,5 entschieden.

1. Wir, Sie, liebe Verwaltung und die Stadt Konstanz sind kein Konzern, wie auffallend oft vorgetragen wird.

Eine Stadt wird nicht in erster Linie gemanagt.
Eine Stadt ist nicht Gewinn- sondern Gemeinwohl-orientiert.

Liebe Mitarbeiter der Stadt, das merken Sie übrigens jeden Monat am Gehaltszettel.
Aber Sie haben auch Vorteile, denn in Konzernen wird viel öfter Personal ausgetauscht, übrigens auch an der Spitze.

Lieber Herr Burchardt, ich habe hier einen Zettel, der Sie jedes Mal, wenn das Wort Konzern in Zukunft fällt, daran erinnern wird.

Uns ist klar, dass mit dem Übergang von Kameralistik zur Doppik mehr die Idee sozialer Marktwirtschaft und weniger bürokratischen Verwaltungsrechts in den Blickpunkt rücken sollte.
Und die Stadt macht auch Dinge ähnlich wie Konzerne und Unternehmen, worauf ich später noch zurückkommen werde.
Die Stadt ist aber noch im Transformationsprozess. Und manches sollte noch angepasst werden, anderes eignet sich eher nicht.
Daher sollten wir den Begriff Konzern zukünftig vorsichtiger benutzen oder lieber ganz vermeiden.

2. Die häufigsten Krankschreibungen wurden einem Bericht zufolge bei Öffentlichen Verwaltungen registriert.
Im Schnitt meldet sich bei Behörden jeder Beschäftigte 1,71 Mal im Jahr krank. Ist das bei uns mittlerweile auch auffällig oft?
Um für Entlastung zu sorgen, müssen wir uns jedenfalls viel öfter entscheiden, was wir tun müssen und was wir wollen und vor allem: was wir uns leisten können.

Leider haben wir es auch diesmal beim Haushalt nicht geschafft, zu priorisieren oder wegzustreichen und hoffen nun wieder einmal, dass alles gut geht.
Die Kämmerei hat das ja nochmals ausführlich dargestellt und wir hoffen mit und werden daher später auch zustimmen.
Hierzu ein Zitat:
Planung ist das Ersetzen des Zufalls durch den Irrtum.

3. Trotz der Tatsache, dass wir kein Konzern sind, können wir in bestimmten Bereichen von Prozessen in der Wirtschaft lernen.
Die Arbeit der Verwaltung muss besser gemessen und evaluiert werden.
Nur wenn wir wissen, was wir leisten, können wir Verbesserungen sichtbar machen und letztlich auch Kosten sparen.
Dies gilt insbesondere für die IT, um beurteilen zu können, ob sich beispielsweise eine Software lohnt, ob sie also eine digitale Rendite hat.
Wir brauchen einen anderen Umgang mit der IT und sollten IT in allen Fachämtern aufbauen und verankern.

4. Insgesamt sollten die Stellen besser verteilt werden, bzw. der politische, nicht der bürokratische Wille stärker gehört werden.
Das heißt z. B. eben mehr Stellen für die IT oder auch den Bau Unterhalt zur Sanierung, was wir ja in den Beratungen gefordert haben. In diesem Bereich ist erst recht zu fragen, ob die 1,71 Krankmeldungen nicht sogar übertroffen werden.
Im TUA war die Stimmung mehrheitlich für mehr Sanierungsbudget, aber es soll erst nächstes Mal beraten werden.
In anderen Ausschüssen durfte erst gar nicht über Stellen diskutiert werden.
Im HFA sollte dann zunächst auch gar nicht mehr über Stellen diskutiert werden.
Das grenzt schon an gestalterische Sabotage des ganzen Prozesses.

5. Der Kulturausschuss war die löbliche Ausnahme, denn dort wurde diskutiert und auch gestaltet, für das Kulturbüro, für das Zebra und für das Open See des Kulturladens.
Wir hatten aber auch ein sehr offenes Gespräch mit dem Intendanten der Philharmonie und haben ihm signalisiert, dass wir uns ein Konzept vorstellen, welches mehr Gelder von außen erwirtschaftet.
Wir sind der Ansicht, dass die Finanzierung noch breiter gestreut werden kann und werden dazu auch konstruktive Vorschläge liefern, denn wir haben jetzt 5 Jahre Zeit für eine grundlegende Veränderung.
Es kann unserer Meinung nach in einer Stadt mit Wohnungsproblemen wie Konstanz nicht sein, dass für das Orchester im Haushalt gleich viel Geld als Zuschuss bereit steht wie für die Wohnungsbauförderung.

6. Wirtschaftsförderung und Einnahmenseite

Die Abschaffung des Flugplatzes jetzt hat unserer Meinung nach ein völlig falsches Timing. Das ist zu viel Aufwand für den zu erwartenden Ertrag. Viel naheliegender wäre es, schnell das Siemensareal zu entwickeln.
Aber auch der Ertrag eines Antrags wie vom kikuz zum Beispiel ist deutlich effektiver als die zu erwartende Gewerbesteuer am Flugplatz.

und da wären wir bei 7.: Prioritäten.
Wir brauchen mehr Räume für die freie Entfaltung von Jugendlichen.
Dies beinhaltet sehr dringende und wichtige Dinge.
Diese leiden aber oft als kleine, weniger wirksam vermarktbare Projekte.
Wir freuen uns daher, dass die Skater Anlage endlich wieder aufgebaut wird.
Weiter gehören Toiletten und Grillstellen dazu, also Neue schaffen und Alte verbessern.
Den gegenteiligen Entwurf, das vorgeschlagene Budget für eine Security, haben wir ja abgelehnt und das ist gut so.

8. Fast zum Schluss noch einige Dinge, die wirklich sehr gut laufen:
Dort möchten wir insbesondere die Bürgerbeteiligung und Konstanz Digital nennen.
Beides sind Projekte, über die wir uns sehr freuen und bei denen wir gespannt sind, wie sie sich weiter entwickeln.
Wir wollen den digitalen Wandel konsequent umsetzen und die digitale Rendite sichtbar machen, insbesondere durch das bereits erwähnte Monitoring.

9 und 9.5 ist eine These und eine Anregung:
Die These ist, dass der gesamte Prozess der Haushalts-Beratungen überdacht werden sollte.

Die Reihenfolge sollte sein: Der politische Wille wird geäußert bevor die Verwaltung sich als Ganzes intern berät und festlegt.
Möglich wäre dies zum Beispiel durch Schulnoten oder ein Punkte-System zur Priorisierung.

Das Ziel sollte sein:
Die Verwaltung verwaltet
Und der Gemeinderat gestaltet.

Vielen Dank!

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