\“Im vergangenen Jahr hat sich das Junge Forum Konstanz engagiert darum bemüht, eine für das Amt des OB geeignete Kandidatin zu finden. Dieses Ziel wurde bis zur selbst gesetzten Frist leider nicht erreicht, weshalb sich die Wählervereinigung nach intensiven Gesprächen dafür entschieden hat, Luigi Pantisano zu unterstützen.
Die Vorbehalte und Kritikpunkte des JFK gegenüber dem Amtsinhaber Uli Burchardt möchte ich heute aus meiner persönlichen Sicht schildern, denn ich saß 5 Jahre für unsere Fraktion im Gemeinderat und konnte mich in dieser Zeit intensiv mit der Führung der Stadt, kommunalpolitischen Gremien und Aufsichtsräten von städtischen Beteiligungen auseinandersetzen.
Uli Burchardt und die Ratsarbeit
Bevor der Gemeinderat eine Entscheidung trifft, wird das Thema in Ausschüssen und in der Ratssitzung besprochen. Grundlage der Diskussion sind Vorlagen, die von der Verwaltung erarbeitet werden und in denen das Thema ausführlich aufgearbeitet wird. Diese Vorlagen erreichen die Räte in der Regel eine Woche, bevor darüber diskutiert und eventuell entschieden wird. Das ist sehr wenig Zeit, um sich ausführlich zu beraten und Zusatzinformationen zu beschaffen, die entscheidend sein können.
Zwei Beispiele:
Im Technikausschuss zeichnete sich eine Mehrheit für eine neue Ampelschaltung an der Laube auf Höhe der Stephansschule ab. Auf Antrag eines Rates wurde dem anwesenden Rektor der Schule noch das Wort erteilt. Innerhalb von wenigen Sätzen überzeugte er das Gremium, den Status quo beizubehalten. Der Antrag wurde einstimmig abgelehnt.
In der Diskussion, ob das Vorkaufsrecht für das Siemensareal in der Bücklestraße von der Stadt wahrgenommen werden soll, wurden von städtischer Seite Gründe angeführt, weshalb das nicht sinnvoll sei. Nach der Abstimmung fragte ich den Geschäftsführer der Wobak privat, warum die städtische Wohnungsbaugesellschaft das Grundstück nicht haben wollte. Ich war überrascht, dass der Geschäftsführer das Grundstück sehr wohl gerne gehabt hätte. Wäre diese Information vor der Entscheidung bis in den Gemeinderat vorgedrungen oder hätte es eine Stellungnahme eines städtischen Experten gegeben, hätte dies das Ergebnis beeinflusst.
Ähnliche Situationen gab es in meiner Ratszeit etliche. Wenn innerhalb der Verwaltung teils widersprüchliche Ansichten herrschten, drangen diese oft nicht bis in das Entscheidungsgremium. Alle Vorlagen werden vom Oberbürgermeister abgesegnet und verantwortet. Dort werden der Rahmen der Gemeinderatsarbeit, die Prioritäten und relevante Fragestellungen definiert. In der Psychologie nennt man das „framing“ und „priming“. Ich hatte mich im Nachgang öfters in eine bestimmte Richtung geführt anstatt umfassend informiert gefühlt. Dies führte bei mir zum Vertrauensverlust, da ich mich in der Meinungsbildung beschnitten fühlte.
Uli Burchardt und das Timing
Viele Entscheidungen müssen unter Zeitdruck getroffen werden, doch gibt es oft auch Spielräume, wenn man sie möchte. Die Entscheidung über den Kauf einer mindestens umstrittenen Gewerbeimmobilie kurz vor einer Gemeinderatswahl sollte nicht über das Knie gebrochen werden. Im Zweifel muss Gründlichkeit vor Geschwindigkeit gelten.
Viele rückblickend zweifelhafte Entscheidungen entstanden nach meinem Empfinden aus vermeintlichem Zeitdruck. Konterkariert wurde das durch Ausführlichkeit und Langmut an anderer Stelle: Wenn ein Antrag über ein Jahr benötigt, um in einem Ausschuss behandelt zu werden (laut Satzung werden 3 Monate garantiert), ist das nicht akzeptabel. So geschehen beim Antrag zu Spiel- und Freizeiträumen.
Insbesondere bei Präventionsthemen habe ich das Gespür für Timing vermisst. Unsere Fraktion hat über Jahre hinweg für Prävention im Herosé-Areal gekämpft. Bekommen haben wir Formen der Repression. Jedes Jahr aufs Neue. Für lösungsorientierte Menschen ist ein solches Verhalten zutiefst frustrierend.
Uli Burchardt und das Geld
Ein Satz, den ich oft gehört habe: „In Konstanz ist noch nie ein Bodengeschäft am Geld gescheitert.“ Rückblickend muss ich sagen: Alle Leuchtturm-Bodengeschäfte sind genau daran gescheitert.
Büdingen, Vincentius, Siemens, alle „zu teuer“. Die Entscheidungen waren kurzsichtig und wenig vernetzt gedacht: Wäre ein leer stehendes Krankenhaus nicht eine sehr gute Unterkunft für Flüchtlinge gewesen? Wie kann man behaupten, die Stadt hätte keine eigenen Flächen für die Wirtschaftsförderung, und gleichzeitig den Kauf von gut erschlossenen, 6 Hektar Gewerbefläche ablehnen?
Für mich ist das ein Ausdruck der Risikovermeidung. Gepaart mit der Aussage, dass sich Geld immer durchsetze, entsteht ein geradezu lähmender Zustand. Viele Chancen wurden vergeben oder verschlafen. Von Zwingli stammt das Zitat: „Tut um Gottes Willen etwas Tapferes“. Ich hätte gerne erlebt, dass wir um Konstanz Willen etwas Mutiges oder Visionäres getan hätten. Doch dies war nicht der Geist, der uns in der Führung vorgelebt wurde.
Uli Burchardt und die Führung
Uli Burchardt hat ohne Zweifel Führungserfahrung. Entscheidender ist aber die Führungskompetenz und damit war ich nicht zufrieden: Wenn Sitzungen regelmäßig den zeitlichen Rahmen sprengen, liegt das an der Führung. Wenn Zögern und Beliebigkeit dominieren und keine Verantwortung übernommen wird, hat das wenig mit Führen zu tun.
Bei vielen Mitarbeitern hatte ich zudem den Eindruck, dass es an Klarheit fehlte, in welche Richtung es gehen soll. So wurden viele Ressourcen verschwendet und Mitarbeiter blieben unter ihren Möglichkeiten, sich gut zu entfalten.
Ich habe mehr Marketingkompetenz als Führungskompetenz wahrgenommen.
Uli Burchardt und der Ehrenkodex
Personen, deren Kompetenz man schätzt, dürfen natürlich zur Zusammenarbeit in das Unternehmen geholt werden. Eventuelle Interessenskonflikte müssen jedoch berücksichtigt werden. Im Ehrenkodex der Stadt Konstanz steht geschrieben, dass vermieden werden soll, was den Anschein einer Vorteilsnahme erwecken könnte. Wenn die Ex-Frau in die temporäre Geschäftsführung eines städtischen Betriebs geholt wird oder Wahlkampagne und wichtige städtische Beteiligungen von derselben Agentur betreut werden, zeigt dies einen Mangel an Fingerspitzengefühl.
Uli Burchardt und die Berater
Viele Berater und Studien wurden in meiner Ratszeit angeheuert und in Auftrag gegeben. Besonders einprägsam war die Beratung zur Umgestaltung des heutigen Bodenseeforums. Rückblickend darf man sagen, dass unser Berater sehr optimistisch war und bei einigem schlicht falsch lag. Diese kollektive Erfahrung hätte dazu führen können, mit mehr Distanz und kritischem Denken an Berater heranzutreten. Doch leider waren unserem OB Reputation und ein Top-Ranking der Beraterfirmen stets wichtiger. In der Summe gab es zu wenig kritische Distanz zu den Beratern. Oft schien es, als dienten sie allein zur Absicherung von Entscheidungen und Vermeidung einer späteren Haftung.
Die Liste zeigt, was mich dazu bewogen hat, mich aktiv um eine Alternative zu bemühen. Es sind die Muster, die sich erkennen lassen, in Verbindung mit der fehlenden Hoffnung, dass sich daran in den nächsten 8 Jahren etwas ändern wird. Es ist Zeit, etwas Neues zu wagen. Deshalb spreche ich mich für einen Wechsel aus.\“
Thomas Buck
0 Kommentare