Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Wir leben in bewegten Zeiten und auch vor dem sonst eher beschaulichen Konstanz macht diese Dynamik nicht Halt. Daraus ergeben sich auch für unsere kleine Universitätsstadt Entwicklungen, die so vor Jahresfrist nicht planbar waren, uns aber fordern. Sie führen uns auch vor Augen, wie privilegiert wir doch eigentlich sind. Konstanz geht es gut und das hat neben Leistung auch mit Glück und Zufall zu tun. Dafür sollten wir dankbar sein und in aller Bescheidenheit auch akzeptieren, dass Leben genau das ist, was passiert, während wir damit beschäftigt sind, Pläne zu machen, wie John Lennon es einst formulierte. Das gilt auch für Haushaltspläne.
Bürgerfreundliche Form des Haushalts
Zunächst möchte ich Herrn Helff für die gute und übersichtliche Ausarbeitung des Haushalts danken. Auch wenn am Ende alles Zahl ist, wie als Bonmot seines Vorgängers Herrn Frank überliefert wurde, sind die erläuternden Begleittexte ein wichtiges Element der Doppik, um das Werk auch für interessierte Bürger zugänglicher zu machen. Gerade die Finanzpolitik muss dem Bürger gut erklärt werden und es sollte ihm dazu eine niederschwellige Möglichkeit geboten werden, sich profund zu informieren. Dabei sehen wir uns mit diesem Haushaltsplan auf einem guten Weg und wollen dazu ermutigen, in diese Richtung weiter zu gehen.
Ganz nebenbei: die viel diskutierte Vorhabens-Liste, die uns für Konstanz und seine Bürger für das kommende Jahr in Aussicht gestellt wurde, kann sicherlich auf unserem Haushaltsplan aufbauen. Viele wesentliche Informationen sind dort bereits dokumentiert und ergeben eine gute Basis dafür.
Wir beziehen uns im Folgenden auf einzelne Details oder aber auf langfristige Ziele, die wir im aktuellen Haushalt noch vermissen.
Haushalt nicht ausgeglichen
Zum Haushalt: Wie schon für den Plan 2015 wird auch nach den Planungen für 2016 das ordentliche Ergebnis nicht ausgeglichen sein. Es kommt zwar zu keiner Neuverschuldung, das Ergebnis reicht jedoch nicht aus, um die ordentliche Tilgung zu erwirtschaften. Für unsere Investitionen müssen aus den Rücklagen 20,49 Mio. entnommen werden.
Diese Mittel waren nie Selbstzweck sondern dafür vorgesehen, zukunftsweisende Investitionen für die Stadt zu tätigen. Mit dem Bau einer neuen Schule und Maßnahmen zur Umsetzung des C-Konzepts zur Verbesserung des Verkehrsproblems in der Innenstadt sind große Posten der Investitionen auch unstrittig. Entscheidender wird in der Zukunft sein, ob die laut Prognose für die nächsten Jahre tendenziell eher sinkenden Einnahmen im Ergebnishaushalt ausreichen werden, um den über die Jahre ständig erweiterten Bestand an Liegenschaften auch verantwortungsvoll zu pflegen.
Sanieren, pflegen, renovieren.
Ja, es wird saniert. Aber nicht in dem Umfang, in dem diese Werte abgeschrieben werden. Insofern begrüßt das JFK den Hinweis sehr, dass von der Kämmerei und dem Hochbau- und Liegenschaftsamt vor dem nächsten Doppelhaushalt über dieses Thema ausführlich gesprochen wird. Wir halten das Budget für das Hochbauamt für deutlich zu gering, zumal größere Vorhaben, wie die Sanierung von Toilettenanlagen nicht mehr aus Investitionsmitteln, sondern neuerdings aus dem Verwaltungshaushalt gezahlt werden müssen.
Es ist im Vergleich zu repräsentativen Neubauten nicht sonderlich sexy und öffentlichkeitswirksam, den Bestand zu pflegen und in Schuss zu halten. Aber es ist notwendig und sollte in den kommenden Jahren eine unserer vordringlichsten Aufgaben sein.
Prioritäten
Womit unsere Fraktion nicht glücklich war, war das Timing der Haushaltsdiskussionen. Ein für die erste Jahreshälfte angesetzter Beratungstermin zum Haushalt wurde aufgrund der verbesserten Einnahmensituation wieder abgesagt. Er hätte sehr gut dafür genutzt werden können, sich über Leitlinien für Prioritäten im Haushalt zu verständigen. Diese Diskussion soll nächstes Jahr nachgeholt werden, aber letztlich wurde ein Jahr verschenkt.
Kindergärten/Kitas
Es hat uns sehr gefreut, dass unser Antrag, den Ausbau des U3 Bereich des Kindergartens St. Martin bereits in 2016 zu beginnen von der Verwaltung dankbar aufgenommen wurde. Somit werden weiter mit Hochdruck die notwendigen Investitionen in diesem Bereich vorangetrieben, der wie kein anderer für Chancengerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit steht.
Dass das in unseren Augen gerechtere Württemberger Modell für die Kindergartenbeiträge nun doch nicht eingeführt wurde, bedauern wir nach wie vor. Es wäre ein wichtiges politisches Signal gewesen, von dem wir denken, dass es nur aufgeschoben aber nicht aufgehoben ist.
Es ist unsere Überzeugung, dass frühkindliche Bildung, und dazu gehören nun einmal auch Kitas und Krippen, für Eltern kostenlos sein sollte. Andere Gemeinden sind bei einer schrittweisen Umsetzung auf diesem Weg schon weiter, und wir halten eine Schärfung des Konstanzer Profils in diesem Bereich für notwendig.
Ausblick und Wünsche. Was wir vermissen.
Handlungsprogramm Wohnen und Freiraum
Konstanz möchte weiter mit Hochdruck Wohnraum schaffen. Es zeichnet sich jedoch bereits ab, dass beim Handlungsprogramm Wohnen (unter anderem wegen der Flüchtlingsunterbringung) nachgebessert werden muss. Wie die Stadt klug und nachhaltig wachsen kann, sehen wir als wichtige Frage, die unter anderem im Projekt Zukunftsstadt diskutiert werden muss. Gerade wegen des Fokus auf umbaute Flächen ist es uns ein Anliegen, den Gegenpart, den Freiraum, im Blick zu behalten. Unsere Fraktion freut sich schon sehr auf die erste Sitzung des AK Spiel- und Freiräume, der bisher noch nie stattgefunden hat, seitdem wir als Junges Forum mit im Gemeinderat sitzen. Funktionale Freiräume für Kinder, Senioren, einfach für alle Bürger, sind etwas, was eine gut funktionierende, lebendige Stadt braucht. Sie tragen außerdem zum sozialen Frieden bei. Hier findet Integration und nachbarschaftliche Begegnung statt, ebenso wie im Sportverein oder bei kulturellen Ereignissen. An letztere denken wir oft, und für Sport und Kultur ist auch Geld da, weil es Lobbys gibt, die sich dafür einsetzen. Die Freiräume scheinen uns dagegen etwas vernachlässigt. Die temporäre Nutzung von Brachflächen wie dem Areal neben dem Bodenseeforum halten wir deshalb für geboten. Wichtig ist uns auch, dass auf diesen Freiräumen keine Abschreckung durch repressive Maßnahmen wie einen KOD stattfindet. Deswegen und natürlich auch aus finanziellen Gründen sind wir froh, dass der KOD abgelehnt wurde.
Konstanz digital
Eine bislang nur intern kommunizierte Agenda zur Anpassung der digitalen Infrastruktur der Stadt auf die Höhe und Standards der Zeit begrüßen wir und halten wir für längst überfällig. Das Thema ist wichtig und wir melden bereits jetzt an, dass wir uns eindringlich für eine Beschleunigung der Umsetzung und die Bereitstellung von angemessenen Personal und Finanz-Ressourcen für dieses Projekt im kommenden Haushalt einsetzen werden.
Handlungsprogramm Verkehr:
Ärgerlich ist, dass das ebenfalls intensiv beratene Handlungsprogramm Radverkehr vor der Haushaltssitzung nicht mehr beschlossen und in die Finanzplanung für 2016 einbezogen werden konnte. Im Zweifelsfall bedeutet dies ein weiteres, verlorenes Jahr.
Personal/Stellen
Dass nicht allein das Schaffen von Stellen problematisch sein kann, sondern auch deren Besetzung, erkennt man durch die seit 9 Monaten bestehende Vakanz des Postens für die Verkehrsplanung. Für eine Stadt, die ihre Hauptaufgabe neben dem Bau von Wohnraum in der Lösung ihres Verkehrsproblems sieht, ist dies eigentlich ein unhaltbarer Zustand. Wir sollten beginnen, hier neue Wege zu diskutieren und dann auch zu gehen.
Abgesehen davon empfinden wir es so, dass es in diversen Abteilungen an den benötigten Mitarbeitern mangelt. Wie z.B. das Ausländeramt den allen bekannten enormen Arbeitszuwachs nicht nur, aber besonders aufgrund der Flüchtlingszahlen, ohne zusätzliche Stellen bewältigen soll, können wir nicht nachvollziehen.
In der Flüchtlingspolitik muss die Stadt einen Kurswechsel tätigen. Neben dem Wohnungsbau muss auch vermehrt in die Integration investiert werden.
Die Stadt ist als einer der größten Arbeitgeber in der Verpflichtung Praktikums- und Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Dass bei den technischen Betrieben bereits Maßnahmen in diese Richtung erfolgt sind, soll nicht unerwähnt bleiben, kann aber nur ein Anfang sein.
Einnahmen
Wir haben aber auch einen positiven Beitrag zu den Einnahmen im Haushalt erreicht, denn auf unseren Antrag hin steigt 2016 die Kurtaxe und stellt uns mehr Geld zur Verfügung. Angesichts eines Deckungsgrades von 162% bei städtischen Tiefgaragen stellt sich uns die Frage, weshalb die Stadt Konstanz nicht noch stärker in diesem Bereich aktiv ist.
Nachhaltiges Wachstum von Gewerbesteuereinnahmen benötigt Pflege und Investition und ist nicht von heute auf morgen mit der Brechstange zu erreichen. Auch hier sehen wir einen Mangel an Frei- und Spielräumen, die es Existenzgründern ermöglichen, in Konstanz Fuß zu fassen. Die Stadt muss sich hier stärker engagieren. Die Abwanderung von Talenten unserer Hochschulen nach Zürich beschäftigt uns dabei mehr als das mögliche Entstehen eines Einkaufcenters in Singen. Bestehende Unternehmensnetzwerke und Cluster werden uns weiterhelfen, aber sie müssen durch weitere Maßnahmen aktiver Wirtschaftsförderung der Kommune flankiert werden.
GWÖ
Zuletzt noch eine Anregung:
die auch auf dem Wirtschaftskonzil präsente Bewegung der Gemeinwohlökonomie hat ein ganzheitliches Prüfschema zur qualitativen Bilanzierung des Gemeinwohls eines Unternehmens entwickelt, das die Bereiche Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung und Transparenz einbezieht. Eine solche Form der Bilanzierung könnte zukünftig auch für die Stadt Konstanz von Interesse sein.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Thomas Buck sagt in der Rede:
==>> „Im Zweifelsfall bedeutet dies ein weiteres, verlorenes Jahr.“
Wieso Zweifelsfall????
In 2016 gibt es ==> k_e_i_n Handlungsprogramm Radverkehr in Konstanz
bzw. keine Masnahme aus diesem Programm, denn
==> „ohne Mos ist nicht los“!!!!
ohne Geld geht eine Umsetzung nicht.
Die wenigen Dinge die für den KN Radverkehr in 2016 anstehen, sind alle lange fällig und auch schon vor dem Handlungsprogramm Radverkehr bekannt gewesen und teilweise beschlossen.
Die Z-Brücke z.B. ist eine Fußgängerbrücke,
die auch mit dem Rad befahren werden kann.
Leider wird sie immer als Radfahrbrücke bezeichnet, aber dafür wird sie nicht ERA gerecht in die Landschaft gestellt.
Bin mir aber sicher, sie wird budgetmäßig trotzdem dem Radverkehr zugeordnet,
so dass es dann heiß: „Seht her, Konstanz hat doch viel Geld für den Radverkehr ausgegeben“.
Ich meine:
Ob in 2017 dann das Handlungsprogramm Radverkehr kommt….
Wenn dann noch Geld da ist und die Prioritätsvergabe es zuläßt, könnte es sein.
Dann kommen auch noch die Wünsche aus dem Landesradnetz, dem Kreisradnetz Kreis KN hinzu.
Beide Radnetze werden zur Zeit definiert.
Also wieso Zweifelsfall???